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Was ändert sich durch die Pflegereform?

In den letzten Jahren stand das deutsche Pflegesystem immer wieder in der Kritik. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung das „Gesetz zur...

Senior mit Pflegerin
© BVMed

Deutschland zählt weltweit zu den Ländern mit dem höchsten Durchschnittsalter. Eine steigende Lebenserwartung bringt auch eine steigende Zahl an Pflegebedürftigen mit sich - und damit z. B. auch einen steigenden Bedarf an Pflegepersonal.

In den letzten Jahren stand das deutsche Pflegesystem immer wieder in der Kritik. Die Pandemie durch COVID-19 hat die Situation noch verschärft und deutlich aufgezeigt, dass Änderungen dringend notwendig sind. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung das „Gesetz zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung und Pflege“ auf den Weg gebracht, das bereits Anfang 2021 mit den ersten Maßnahmen in Kraft getreten ist.

Welche neuen Regelungen beinhaltet die Pflegereform?

Die wichtigsten Punkte im Überblick:

Ab 2022 soll die Pflegeversicherung einen pauschalen Bundeszuschuss in Höhe von jährlich 1 Milliarde Euro erhalten. Zusätzlich wird der Beitragszuschlag für Kinderlose um 0,1 Prozentpunkte angehoben, hierdurch würde die Pflegeversicherung zusätzlich weitere 400 Mio. Euro pro Jahr erhalten. Genutzt werden soll dieser Zuschuss unter anderem, um neue Stellen für Pflegehilfskräfte zu schaffen und Pflegebedürftige finanziell zu entlasten.

Generell besteht die Pflegereform aus drei Säulen:

  • Stationäre Pflege
  • Ambulante Pflege
  • Pflegepersonal 

Säule 1: Pflegereform und stationäre Pflege

Plätze in der stationären Pflege sind nicht nur rar, sondern zusätzlich auch oft eine große finanzielle Belastung der Angehörigen. Aktuell liegt der bundesdurchschnittliche Eigenanteil bei 911 Euro.  
Durch die Reform sollen Pflegebedürftige jetzt finanziell entlastet werden. Im ersten Jahr wird der Eigenanteil für Bewohner:innen in stationären Pflegeeinrichtungen um 5 Prozent gesenkt, im zweiten Jahr anschließend um 25 Prozent. Im dritten Jahr erfolgt eine Reduzierung in Höhe von 45 Prozent. Ab dem vierten Jahr soll eine Reduktion des Eigenanteils um 70 Prozent gelten.
 

Pflegebedürftige mit
vollstationärer Pflege
Entlastung durch Reform*
in Euroin Prozent
ab dem 1. Monat45,55 5
mit mehr als 12 Monaten227,7525
mit mehr als 24 Monaten409,9545
mt mehr als 36 Monaten637,7070

* bezogen auf den bundesdurchschnittlichen Eigenanteil von 911 Euro.

Säule 2: Pflegereform und ambulante Pflege

Pflegebedürftige können selbst entscheiden, wie und von wem sie gepflegt werden. Die Pflegeversicherung unterstützt sie deshalb auch, wenn sie entscheiden, statt von einem ambulanten Pflegedienst von Angehörigen oder Personen aus dem Freundeskreis gepflegt zu werden. Hierfür zahlt die Pflegeversicherung das sogenannte Pflegegeld. 

Wer ambulant durch einen Pflegedienst oder eine selbstständige Pflegekraft gepflegt wird und mindestens den Pflegegrad 2 besitzt, der bekommt von der Pflegeversicherung sogenannte Pflegesachleistungen, um seine Pflege zu finanzieren.

Während das Pflegegeld von der Pflegereform unberührt bleibt, werden die Pflegesachleistungen zum 01.01.2022 um 5 Prozent angehoben. 

Pflegesachleistungen enthalten die Grundpflege, die hauswirtschaftliche Versorgung sowie medizinische Pflegemaßnahmen wie Verbandswechsel und Medikationen. 

Erhöhung der Pflegesachleistungen

PflegegradPflegesachleistungen
ab 01.01.2022
Pflegesachleistungen
bis 01.01.2022
2724 €689 €
31.363 €1.298 €
41.693 €1.612 €
52.095 €1.995 €

Säule 3: Pflegereform und Pflegepersonal

Die Pflegereform soll nicht nur die Pflegebedürftigen, sondern auch das Pflegepersonal entlasten und stärken. Dafür sind 20.000 neue Stellen für Pflegehilfskräfte geplant, die ebenfalls vollständig durch die Pflegeversicherung finanziert werden. Hierzu wird es einen bundeseinheitlichen Personalschlüssel geben, der die Einstellung neuer Pflegekräfte möglich macht. 

Um die Arbeit in der Pflege attraktiver zu machen, sollen Pflegekräfte in Zukunft zudem besser entlohnt werden – sowohl in der stationären als auch in der ambulanten Pflege. Ab September 2022 sollen nur noch Pflegeeinrichtungen mit der Pflegeversicherung abrechnen können, die ihre Pflegekräfte nach Tarif oder gleichwertig bezahlen. 
Des Weiteren bekommen Pflegekräfte durch die Reform mehr Verantwortung. Künftig sollen sie Hilfsmittel verordnen und eigenständige Entscheidungen in der häuslichen Pflege treffen können. 

Kritik an der Pflegereform


Unter anderem sehen die Gewerkschaften die Reform kritisch. Auch wenn Tariflöhne grundsätzlich zu begrüßen sind, so sehen sie dennoch viel Raum für Umgehungsmöglichkeiten. Besonders die Lohnunterschiede zwischen Ost und West sowie Nord und Süd werden vermutlich bestehen bleiben.

Höhere Löhne für Pflegekräfte – soweit wird hier wohl jeder, der die Nachrichten der letzten Monate verfolgt hat, zustimmen. Doch in der Folge wird die Pflege dadurch auch teurer. Laut Stiftung Patientenschutz fällt die Kostenübernahme der Pflegeversicherung viel zu gering aus. Der Eigenanteil der Betroffenen steigt seit Jahren. Aktuell zahlen so z. B. Bewohner:innen von Pflegeheimen rund 2.068 Euro aus eigener Tasche – mehr als 800 Euro davon sind reine Pflegekosten – und nur auf diese bezieht sich der prozentuale Zuschlag. Im Schnitt zahlen damit die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen noch immer deutlich mehr, als die Pflegeversicherung.

Die Reform erhöht zwar den Zuschuss für die Betroffenen, sie verhindert aber nicht, dass die Kosten generell steigen. Bei dem aktuellen Trend der steigenden Kosten sind die steigenden Zuschüsse damit ab 2023 bereits hinfällig.

Sie möchten mehr zur Pflegereform erfahren?

Alle Infos zur Reform und dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz finden Sie immer aktuell auf der Webseite des Bundesministeriums für Gesundheit