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Positionspapier der rehaVital Gesundheitsservice GmbH zu den Änderungsanträgen der Fraktion der CDU/CSU und SPD zum MPEUAnpG

Positionspapier zur Pressemitteilung vom 10.01.2020.

Unser Grundverständnis:
Als Gemeinschaft, die mehr als 110 selbstständige Gesundheitsfachbetriebe und Sanitätsfachgeschäfte vertritt, ist es unser erklärtes Ziel, den Gesundheitsmarkt in Zusammenarbeit mit allen Akteuren stetig weiter zu entwickeln und auch notwendige Prozesse, die mit der bestmöglichen Versorgung von Patienten einhergeht, voranzutreiben. Um eine reibungslose Patienten-Versorgung zu gewährleisten, arbeiten wir eng mit den Krankenkassen und deren Verbänden zusammen und beraten unsere Mitglieder intensiv bei der Vertragsarbeit.
Daher begrüßen wir auch, dass sich der Gesetzgeber im Rahmen des MPEUAnpG um fairere Vertragsverhandlungen und eine qualitätsgesicherte, flächendeckende Versorgung der Patienten bemüht. Leider gehen die vorliegenden Änderungsanträge zum Teil in eine falsche Richtung: Aufgrund weniger Einzelfälle wird hier ein Verhandlungsprozess überreguliert, der in der wesentlichen Mehrzahl aller Vertragsverhandlungen ein Mehr an Bürokratie und im Ergebnis schlechtere Verträge zur Folge haben könnte.

Die Fakten:
Im Rahmen der vorliegenden Änderungsanträge sollen, über das Einfügen eines Artikel 16b zum MPEUAnpG, einige Änderungen an den §§ 71, 127 SGB V vorgenommen werden:

1. Über § 71 SGB V werden die Rechte der Aufsichtsbehörden gestärkt und es wird klargestellt, dass die Möglichkeiten der Aufsichtsbehörden, gegen rechtswidrige Verträge vorzugehen, umfänglich auch für Hilfsmittelverträge gelten.
rehaVital begrüßt diese Klarstellung ausdrücklich.

2. Über § 127 Abs. 1 SGB V soll sichergestellt werden, dass die Absicht über den Vertragsabschluss eines Hilfsmittelvertrags durch die Krankenkassen in geeigneter Weise unionsweit öffentlich bekannt zu machen ist.
Auch diese Klarstellung bewertet rehaVital positiv. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn die momentan nur in der Gesetzesbegründung aufzufindende Auflage, dass ein geeignetes Portal der Europäischen Union als geeignete Form angesehen wird, direkt in den Gesetzestext aufgenommen wird. Anderenfalls steht zu befürchten, dass die Krankenkassen eine Veröffentlichung auf der kasseneigenen Homepage (wie bisher auch) als geeignete Form ansehen werden.

3. Über § 127 Abs. 1a SGB V soll ein Schiedsverfahren eingerichtet werden, das im Falle einer fehlenden Einigung der Vertragsparteien innerhalb von drei Monaten Vertragsinhalte, inkl. Preisen, festlegt.
rehaVital teilt die in der Begründung zu diesem Änderungsantrag aufgeführten Argumente ausdrücklich nicht! Im Regelfall verlaufen Vertragsverhandlungen fair und zielgerichtet. Lediglich eine Handvoll der gesetzlichen Krankenkassen versucht Umgehungsstrategien anzuwenden und riskiert dabei ein rechtswidriges Verhalten. Hierbei wird regelmäßig auch die Notlage einiger Leistungserbringer ausgenutzt um nicht auskömmliche Preise zu vereinbaren. Wir halten die Installation eines Schiedsverfahrens jedoch für eine Überregulierung, die auf Basis der nur in einigen vorliegenden Ereignissen unnötig ist. Die über die Änderung des § 71 SGB V herbei geführten Befugnisse der Aufsichtsbehörden stellen aus unserer Sicht, in Verbindung mit den bisherigen sozialgerichtlichen Möglichkeiten, ein ausreichendes Maßnahmenpaket dar, um das Ziel des Gesetzgebers zu erreichen. Tatsächlich dürfte das Einrichten eines Schiedsverfahrens eher kontraproduktiv sein. Mehrere Krankenkassen haben bereit signalisiert, ihre Verhandlungsaktivitäten auf ein Minimum herunter zu fahren. Lieber würde man bereits frühzeitig eine Schiedsperson anrufen. Es steht somit zu befürchten, dass Hilfsmittelverträge zukünftig regelmäßig via Schiedsverfahren zustande kämen. Damit würde dem bisherigen „freien Spiel der Kräfte“ die Luft abgedrückt, was einer Planwirtschaft ähnlich wäre. Davon abgesehen ist der Hilfsmittelmarkt viel zu heterogen im Bereich der Produkte, Dienstleistungen, Leistungserbringer und Vertriebskanäle, um einer einzelnen Schiedsperson eine sachgerechte Entscheidung über Vertragsinhalte und Preise anzulasten.

4. Über eine Änderung des § 127 Abs. 2 SGB V wird einzelnen Leistungserbringern nur noch die Möglichkeit gegeben, Verträgen beizutreten, die durch Verbände oder sonstige Zusammenschlüsse von Leistungserbringern abgeschlossen wurden. Ein Beitrittsrecht zu Verträgen, die durch einzelne Leistungserbringer abgeschlossen wurden, wird nicht mehr existieren.
rehaVital begrüßt, dass der Gesetzgeber das Risiko erkannt hat, das in der „unkontrollierten“ Ausbreitung von „schlechten“ Verträgen über ein für einzelne Leistungserbringer uneingeschränktes Beitrittsrecht besteht. Der Ansatz, diesem durch ein Beitrittsrecht zu begegnen, das einzelnen Leistungserbringern nur noch einen Beitritt zu Verträgen gestattet, die durch Verbände von Leistungserbringern oder sonstigen Zusammenschlüssen geschlossen wurden, geht jedoch nicht weit genug. Die erweiterten Befugnisse der Aufsichtsbehörden reichen nicht aus, um das gewollte Ergebnis sicherzustellen. Auch ein Schiedsverfahren ist für diese Zielerreichung, wie bereits dargestellt, ungeeignet. Ergänzend sollte die Verhandlung von Hilfsmittelverträgen generell wieder in die Hände der Leistungserbringerverbände zu legen sein. In diesem Kontext ergäbe die mit dem Änderungsantrag beabsichtigte Anpassung wiederum Sinn.

Vorschläge der rehaVital zur Anpassung der Änderungsanträge:
 

I.    Anpassung des Änderungsantrags 3 zu Artikel 16b -neu- Nr. 2 a) auf folgende Formulierung:
aa) In Satz 1 werden die Worte „Leistungserbringern oder“ gestrichen
bb) Satz 5 wird wie folgt gefasst: „Die Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, ist auf einem zentralen und geeigneten Portal der Europäischen Union unionsweit öffentlich bekannt zu machen.“
cc) Nach Satz 5 wird folgender neuer Satz 6 eingefügt: „Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen legt bis zum 30. September 2020 ein einheitliches, verbindliches Verfahren zur unionsweiten Bekanntmachung der Absicht, über die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln Verträge zu schließen, fest.“
dd) Satz 8 wird gestrichen

II.    Streichung des Änderungsantrags 3 zu Artikel 16b -neu- Nr. 2 b)