Mehr Zeit für Patienten statt mehr Bürokratie!
Mehr als ein Drittel der Arbeitszeit im Sanitätshaus geht für Bürokratie drauf!
In Zeiten des Fachkräftemangels sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass möglichst viel Arbeitszeit im Sanitätshaus für die Patientinnen und Patienten zur Verfügung steht. Die Realität sieht aber derzeit so aus, dass die Fachkräfte im Sanitätshaus gezwungen sind, mehr als ein Drittel ihrer Arbeitszeit nur für bürokratische Aufgaben zu verwenden. Und dieser Anteil steigt von Jahr zu Jahr. Die Folge sind lange Wartezeiten für die Patienten, Frust bei den versorgenden Mitarbeitern im Sanitätshaus und unnötige Kosten.
Sofortmaßnahmen gegen den Bürokratiewahnsinn jetzt!
Es liegen klare und einfache Vorschläge für ein Sofortpaket an Maßnahmen auf dem Tisch, mit denen Bürokratie durch einfache Gesetzesänderungen und Klarstellungen schnell abgebaut werden kann. Dazu braucht es keine langwierigen politischen Debatten, sondern nur den Mut, zu handeln. Unsere Vorschläge für ein Sofortpaket sind:
1. Reduzierung der Patientenunterschriften
Patientinnen und Patienten müssen im Sanitätshaus und oft im Gegensatz zu anderen Gesundheitsdienstleistern - wie z.B. bei Arzneimitteln in der Apotheken - eine Vielzahl von Unterschriften leisten, u.a. zur Bestätigung des Erhalts des Hilfsmittels, zur datenschutzrechtlichen Einwilligungserklärung und zur Beratungsdokumentation. Diese Zahl sollte auf das notwendige - etwa bei Mehrkostenerklärungen - reduziert werden. Zudem sollte bei Unterschriften in der Versorgung die Verwendung der elektronischen Signatur verbindlich werden. Hierzu bedarf es lediglich einer Klarstellung im Gesetzestext (§ 127 Abs. 5 Satz 2 SGB V), dass die Unterschrift grundsätzlich auch in Form einer elektronischen Signatur zu akzeptieren ist.
2. Digitalisierung der Abrechnung
Die unzureichende Digitalisierung im Hilfsmittelbereich zeigt sich u.a. beim Thema Abrechnung. So benötigt z.B. ein mittelständisches Sanitätshaus für das Ausdrucken und Einscannen der Abrechnungsunterlagen ca. 1,2 Mio. Blatt Papier pro Jahr. Auch hier kann durch eine einfache Klarstellung im Gesetzestext (z.B. in § 302 Abs. 1 Satz 1 SGB V) eindeutig geregelt werden, dass die Abrechnungsunterlagen grundsätzlich einheitlich elektronisch einzureichen sind und dies von den Kostenträgern zu akzeptieren ist.
3. Einheitliche Mehrwertsteuer für Hilfsmittel
Vergleichbare Hilfsmittel unterliegen teilweise unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen. Obwohl die Umsatzsteuer für Sanitätshäuser nur ein „durchlaufender“ Posten ist, führt der uneinheitliche Steuersatz in der Praxis regelmäßig zu Abrechnungsproblemen zwischen Sanitätshäusern und Kassen und damit zu einem hohen bürokratischen Aufwand. Ein einheitlicher ermäßigter Umsatzsteuersatz auf Hilfsmittel würde dieses Problem beseitigen und zudem Krankenkassen und Versicherte finanziell entlasten.
4. Präqualifizierung für Sanitätshäuser entschlacken
Die Präqualifizierung ist zur Sicherung der Versorgungsqualität und der Qualifikation in der Hilfsmittelversorgung notwendig. Sie muss aber dringend von unnötigen bürokratischen Regelungen entschlackt werden. Dies betrifft beispielsweise die alle 20 Monate stattfindenden Betriebsbegehungen. Darüber hinaus sollten sich die Prüfungen primär auf die fachlichen Anforderungen konzentrieren und hauptsächlich nach Aktenlage erfolgen.
5. Neuregelung der Retaxation bei Formfehlern
Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Neuregelung der Retaxation bei Formfehlern. Derzeit werden Sanitätshäuser bei kleinen Formfehlern oft finanziell bestraft, obwohl die Versorgung ordnungsgemäß durchgeführt wurde - während Apotheken hier bereits sinnvolle Erleichterungen genießen. Hier fordern wir eine Angleichung an die Regelungen für Apotheken. Dies verkürzt auch die Bearbeitungszeit im Rahmen der Versorgung.
6. Inkassorisiko bei der gesetzlichen Zuzahlung
Ein weiteres Problem ist das Inkassorisiko bei gesetzlichen Zuzahlungen. Sanitätshäuser sind die einzigen Dienstleister im Gesundheitswesen, auf die dieses Risiko einseitig abgewälzt wird. Dies führt nicht nur zu einem hohen bürokratischen Aufwand, sondern stellt auch eine ungerechte wirtschaftliche Benachteiligung gegenüber anderen Versorgern dar. Wir fordern eine faire Regelung, die sicherstellt, dass das Inkassorisiko, wie im Gesundheitswesen üblich, bei den Kassen liegt. Dazu müsste nur die entsprechende Ausnahmeregelung im Sozialgesetzbuch (§ 33 Abs. 8 SGB V) gestrichen werden.
Alle diese Regelungen bedürfen keines großen gesetzgeberischen Aufwandes und können rasch umgesetzt werden. Sie sind erste konkrete Schritt in Richtung eines echten Bürokratieabbaus, die den Weg ebnen für weitere grundlegende Reformen in der Hilfsmittelversorgung, wie zum Beispiel die Einführung von Rahmenverträgen.
Es ist an der Zeit zu handeln. Wir brauchen endlich wieder mehr Zeit für die Patienten statt mehr Bürokratie!